108
193. Untreue schlägt den eigenen Herrn.
^ . Als in dem Kriege zwischen Frankreich und Prenßen ein
Teil ^er französischen Armee nach Schlesien einrückte, waren
auch Trnppen vom rheinischen Bnndesheer dabei, und ein bairi-
scher oder württembergischer Offizier wnrde zu einem Edelmann
einquartiert und bekam eine L>tnbe zur Wohnung, wo viele
sehr schöne und kostbare Gemälde hingen. Der Offizier schien
recht große Freude daran zu haben, und als er etliche Tage bei
diesem Manne gewesen und freundlich behandelt worden war,
verlangte er einmal von seinem Hanswirt, daß er ihm eins von
diesen Gemälden znm Andenken schenken möchte. Der Hanswirt
sagte, daß er das mit Vergnügen thun wollte, und stellte seinem
Gaste frei, dasjenige selber zu wählen, welches ihm die größte
Freude machen könnte.
Wenn man die Wahl hat, sich selber ein Geschenk von
jemand auszusuchen, so erfordern Verstand und Artigkeit, daß
man nicht gerade das Kostbarste wegnehme. . Daran schien der
Offizier auch zu denken; denn er wählte unter allen Gemälden
fast das schlechteste. Aber gerade das war unserm schlesischen
Edelmanne das liebste, und er hätte ihm gern das kostbarste da-
für gelassen. „Mein Herr Oberst," so sprach er mit sichtbarer
Unruhe, „warum wollen Sie gerade das geringste wählen, das
mir noch dazu wegen einer andern Ursache wert ist? Nehmen
-Lie doch lieber dieses oder jenes dort!" Der Offizier gab aber
darauf kein Gehör, schien auch nicht zu merken, daß sein Haus-
wirt immer mehr und mehr in Angst geriet, sondern nahm
geradezu das erwähnte Gemälde herunter. Jetzt erschien an der
Mauer, wo dasselbe gewesen war, ein großer feuchter Fleck.
„Was soll das sein?" sprach der Offizier wie erzürnt zu seinem
totblassen Wirt, that einen Stoß, und auf einmal fielen ein
paar frischgemauerte und übertünchte Backsteine zusammen, hinter
welchen alles Geld und Gold und Silber des Edelmanns ein-
gemauert war. Der gute Mann hielt nun sein Eigentum für
verloren, ergab sich schon geduldig darein und verlangte nur von
dem feindlichen Kriegsmann zu erfahren, woher er habe wissen
können, daß hinter diesem Gemälde sein Geld in der Mauer
verborgen war. Der Offizier erwiderte: „Ich werde den Ent-
decker sogleich holen lassen, dem ich ohnehin eine Belohnung
schuldig bin." In kurzer Zeit brachte sein Bedienter — sollte
man es glauben? — den Maurermeister selber, den nämlichen,
der die Vertiefung in der Mauer zugemauert und die Bezahlung
dafür erhalten hatte. — Der Mann hatte einen schändlichen
Streich begangen; denn ein Handwerksmann ist seinen Kunden
die größte Treue und in Geheimnissen, wenn es nichts Unrechtes
ist, Verschwiegenheit schuldig.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
208
Erzbischof Konrad von Hochsteden. Das große Vermögen dieses Erzbischofes,
sowie der damalige Reichtum der Bewohner Kölns machte den Beginn
eines so großartigen Baues möglich. Auch brachten die unzähligen Pilger,
die aus entfernten Gegenden dorthin wallfahrteten, zum Bau des Domes
große Schätze zusammen. Aber die Kosten wurden doch endlich zu groß,
so daß der Bau, woran noch 1599 gearbeitet wurde, dann eingestellt wer-
den mußte, ehe noch die Hälfte fertig war. Der Dom ist in der Form
eines Kreuzes gebaut, seine Länge beträgt 125 und seine Breite 72 Meter.
Das Gewölbe wird von hundert Säulen getragen, die in vier Reihen neben
einander stehen, und von denen die der mittleren Reihen mehr als 9 Me-
ter im Umfang haben. Gleich den Bäumen eines uralten Waldes stehen
diese schlanken Säulen da; nur am höchsten Gipfel sind sie in Äste ge-
spalten, die mit ihren Nachbarn sich zu spitzen Bogen verbinden und dem
Äuge, das ihnen folgen will, fast unerreichbar erscheinen. Die innere
Höhe des Domes beträgt 50 Meter. Die beiden Thürme, deren jeder eine
Höhe von 160 Meter erreichen wird, gehen ihrer Vollendung entgegen.
In dem ans der Südseite stehenden Thurme hängt die große Domglocke,
welche 225 Zentner wiegt und von 12 Mann gezogen werden muß. Neuer-
dings ist eine noch größere Glocke hinzugefügt worden. Dieselbe ist aus
dem Metall von eroberten französischen Kanonen gegossen, die Kaiser-
Wilhelm geschenkt hat. Sie hat einen Durchmesser von 3^2 Meter, eine
Höhe von 41/2 Meter, ein Gewicht von 540 Zentner und heißt die Kaiser-
glocke.
Im Jahre 1842 wurde auf Anregen des Königs von Preußen, Friedrich
Wilhelm Iv., in Köln ein Domverein gegründet, welcher es sich zur Aufgabe
gemacht hat, dieses herrliche Denkmal alter Baukunst weiter auszubauen
und zu vollenden. Zn den Beiträgen der Mitglieder dieses Vereins zahlt
der preußische Staat jährlich eine so bedeutende Summe (150000 Mark),
daß wir die Hoffnung hegen dürfen, diesen Wunderbar: bald in feiner
Vollendung zu schauen.
Zu den vornehmsten Merkwürdigkeiten des Domes sind außer vielen
Grabmälern zu rechnen: die große Sakristei mit der goldenen Kammer,
welche mehrere Kostbarkeiten, unter andern den silbernen Sarg des Erz-
bischofs Engelbert, ein schönes Kunstwerk, enthält; ferner die Kapelle der
sogenannten heiligen drei Könige, aus verschiedenen Marmorarten erbaut,
worin die Reliquien derselben in einem kostbaren, aus Goldblech gearbeite-
ten und mit einer Menge von Perlen und Edelsteinen geschmückten Sarge
aufbewahrt werden. Außer diesen besitzt der Dom noch viele andere Kost-
barkeiten. Ein Schatz von großem Werte ist das sogenannte Dombild,
welches sich in einer der sieben Seitenkapellen des Domes befindet. Auch
an vielen andern trefflichen Gemälden ist der Dom reich, und die herr-
lichen alten Gemälde, welche die ungeheuren Fenster bedecken, gehören zu
den merkwürdigsten Arbeiten der Glasmalerkunst. Aber nicht minder pracht-
voll sind die neuen Glasgemülde an der Südseite, ein Geschenk des Königs
Ludwig I. von Baiern. Das Licht des Tages bricht sich in den bemalten
Fenstern und verbreitet einen Dämmerschein durch die weiten Hallen, in
welchem die Bilder der Heiligen zu leben und mit der andächtigen Menge
den Ewigen zu lobpreisen scheinen.
Der Kölner Dom wird von vielen Fremden aus weiter Ferne besucht.
Aber nach dem Namen des Mannes, welcher den Plan zu diesem Riesen-
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Konrad_von_Hochsteden Konrad Wilhelm Friedrich
Wilhelm_Iv. Friedrich Wilhelm_Iv. Engelbert Ludwig_I._von_Baiern Ludwig_I.
194
Unter allen Gebäuden verdient vorzüglich das vor anderthalb Hundert-
Jahren vom ersten preußischen König mitten in der Stadt dicht an der
Spree erbaute große königliche Schloß genannt zu werden, ein über
31 Meter hohes, prachtvolles, mit einer Kuppel über der Schloßkapelle
versehenes Bauwerk, das ein längliches Viereck bildet und innerhalb zwei
große und zwei kleine Höfe einschließt. Fünf hohe Portale führen in das
Innere, welches große Prachtsäle, fürstliche Wohnungen, die Schatzkammer
und eine Gemäldegalerie enthält. Drei große Wasserbehälter unter dem
Dache enthalten beständig für alle Fälle der Feuersgefahr ein paar tausend
Tonnen Wasser, welche durch eine Wasserdruckmaschine emporgehoben und
im ganzen Schlosse vertheilt werden können. Auf der Lnstgartenseite zieht
sich eine neu angelegte Terrasse hin, mit zwei erzenen, kolossalen Pferde-
bündigern am Thoreingange, einem Geschenke des russischen Kaisers Nikolaus.
Zn den schönsten öffentlichen Plätzen gehört besonders der Lust-
garten, welcher vom königlichen Schlosse und dem Museum, der alten
Börse, dem Dom, dem Zeughause und der Schloßbrücke umgeben wird.
Das Reiterstandbild König Friedrich Wilhelm Iii., sowie eine große ge-
schliffene Granitschale und ein Springbrunnen zieren ihn. Dem Schlosse
gegenüber erhebt sich auf der anderen Seite des Lustgartens das alte
Museum, das in den unteren Räumen die altertümlichen Bildwerke von
Erz, Marmor und Stein aus Griechenland und Rom, in den oberen die
fast anderthalbtausend Gemälde zählende Bildergalerie. Hinter diesem
Museum, und mit demselben durch einen hohen Bogengang verbunden, er-
hebt sich das neue Museum, durch die innere Ausschmückung das präch-
tigste Gebäude Berlins und eins der schönsten Museen der Welt. Im
Treppenhause desselben befinden sich die berühmten Wandgemälde von
Kaulbach, aus 6 Haupt- und 16 Zwischenbildern bestehend, welche zu den
bedeutendsten Kunstwerken der neueren Zeit gehören. Zur Seite des Lust-
gartens liegt die evangelische Domkirche.
Geht man über die Schloßbrücke, so kommt man an das unter dem
ersten preußischen König erbaute große Zeughaus. Der untere Saal
enthält die schweren Geschütze, der obere die schön geordneten leichten Waffen
und die erbeuteten Kricgsfahnen und andere Feldzeichen. Gegenüber dem
Zeughause liegt das von dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm bewohnte
Palais. An das Zeughaus reihen sich die Hauptwache, das Univer-
sitätsgebäude, welchem gegenüber das Opernhaus gelegen ist, das,
nach dem furchtbaren Brande von 1843 um so prächtiger wieder einge-
richtet, jetzt eines der schönsten Opernhäuser in Europa ist, und weiterhin
das Akademiegebäude. Den mit Gartenanlagen belebten Platz umgeben
außer dem Opernhause die katholische Hcdwigskirche, das Bibliothek-
gebäude und das von dem König und Kaiser Wilhelm bewohnte Palais,
welches die Häuserreihe zur Linken eröffnet. Vor diesem Palais steht das
gewaltige Reiterstandbild König Friedrich des Großen, das herrlichste
aller Standbilder in und um Berlin. Hoch zu Roß, umgeben von den
Helden seiner Siegesschlachten, schaut der große Friedrich nach der Haupt-
wache mit den marmornen Standbildern von Scharnhorst und Bülow
hin, denen schräg gegenüber die bronzene Statue des Feldmarschalls Blüch er
und zu beiden Seiten derselben die Standbilder Jorks und Gneisen aus
am Opernhause stehen, und blickt zugleich nach dem Zeughause und dem
königlichen Schlosse. Hier beginnt die großartigste aller Straßen Berlins,
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Personennamen: Nikolaus Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm Friedrich Friedrich Friedrich Jorks
Extrahierte Ortsnamen: Nikolaus Griechenland Rom Berlins Kaulbach Europa Berlin Berlins
113
Thore lag. Der Hausherr schwieg anfangs still; doch darauf wandte er
sich zu seinem Diener und sprach leise die Worte: „Johann, ich weiß, daß
du von dem allem nichts wieder sagst, so lange ich lebe; darum höre. Mein
Vater war ein armer Schuhflicker im Oberlande, und auf seinem Grund
und Boden wuchs ihm nicht mehr Getreide, denn drei oder^vier Ähren
des Jahres, nämlich in seiner Dachrinne, wenn einmal ein Sperling ein
Korn darin liegen ließ. Dazu hatte er sechs Kinder, und wenn er uns
das Vesperbrot geben wollte, so hatte er oft nichts zu schneiden. Deshalb
schaffte er das Vesperbrot zwischen Martini und Lichtmeß ganz ab, weil
er bei sich dachte: Um elf Uhr wird zu Mittag gegessen und um fünf
Uhr zu Abend; da brauchen die Kinder kein Vesperbrot. Und wenn doch
eins von den kleinsten in dieser Fastenzeit die Tischlade aufzog und sie
leer fand, pflegte der Vater zu sagen: Die Schneegänsc sind gekommen
und haben das Brot mitgenommen. — Seit dieser Zeit wird es mir immer
so wunderlich ums Herz, wenn ich die Schneegänse höre."
So sprach der Herr des Schaffners. — Der Erzähler aber wünscht,
es möchten alle reichen Kaufherrn wie der Kaufmann Sondersleben auf
das Vogelgeschrei achten, im Winter auf die Gänse und im Sommer auf
die jungen Sperlinge, welche rufen: Gib, gib! Stöber.
165. Gott sieht das Herz an.
Es war einmal ein König, der erbaute ein reiches Münster zur Ehre
und zum Lobe Gottes, und durfte niemand bei Leib und Leben zu diesem
Bau einen Heller beisteuern nach des Königs ausdrücklichem Gebote, sondern
er wollte es ganz ans dem eigenen Schatze erbauen. Und so geschah es
auch; das Münster war vollendet, schön und würdig, mit aller Pracht und
Zier. Da ließ der König eine große marmorne Tafel zurichten und
darin mit goldenen Buchstaben eine Schrift graben, daß er, der König,
den Dom allein erbaut und niemand dazu beigesteuert habe. Als aber
die Tafel einen Tag und eine Nacht aufgerichtet war, da war in
der Nacht die Schrift verändert, und statt des Königs Namen stand ein
anderer Name darauf, und zwar der Name einer armen Frau, so daß es
nun lautete, als habe sie das ganze prächtige Münster erbaut. Das ver-
droß den König höchlich. Er ließ den Namen vertilgen und den seinigen
wieder einschreiben. Aber über Nacht stand wieder der armen Frau Namen
auf der Tafel, und jedermann las, daß sie des Münsters Stifterin sei.
Und zum dritten Mal ward des Königs Name auf die Tafel geschrieben,
und zum dritten Mal verschwand er, und jener kam zum Vorschein.
Da merkte der König, daß hier Gottes Finger schriebe, demütigte sich
und ließ nach der Frau forschen und sie vor den Thron rufen. Voll Angst
und Schrecken trat sie vor den König. „Frau," sprach er, „es begeben sich
wunderliche Dinge. Sage mir bei Gott und deinem Leben die Wahrheit.
Hast du mein Gebot nicht vernommen, daß niemand zu dem Münster geben
sollte? Oder hast du doch dazu gegeben?" Da fiel das Weib dem Könige
zu Füßen und sprach: „Gnade, mein Herr und König. Ich will alles be-
kennen. Ich bin ein armes Weib und muß mich kümmerlich mit Spinnen
ernähren, daß mich der Hunger nicht tobtet. Da hatte ich doch ein Heller-
lein erübrigt, das mochte ich gar zu gerne darbringen zu deinem Tempelban
Helmrich, Vaterland. Lesebuch. g
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
207
sehen elendiglich umkamen. Viele Notleidende sammelten sich um
die Burg zu Mainz, wo Hatto sein Hoflager hatte, und schrien um
Brot. Der hartherzige Bischof aber verweigerte es ihnen, obgleich
seine Speicher gefüllt waren, und schalt sie, dass sie müssiges, schlech-
tes Volk wären und nicht arbeiten wollten. Die Armen baten drin-
gender; da schickte Hatto seine Knechte gegen sie und liess sie er-
greifen, so viel ihrer waren, Männer, Weiber, Greise und Kinder, in
eine Scheune sperren und gab hierauf Befehl, die Scheune anzu-
zünden. Das war ein schrecklicher Anblick, und die Steine hätten
sich mögen daroh erbarmen; nur der Bischof blieb unerweicht und
spottete vielmehr, indem er sagte: „Hört, wie die Mäuslein pfeifen!“
Da kam das Strafgericht des Himmels über Hatto. Ungeheure
Schwärme von Mäusen erschienen in seinem Schlosse, und zuletzt
wusste niemand sich ihrer zu erwehren. Je mehr man ihrer tödtete,
desto grösser wurde ihre Anzahl. Da entfloh Hatto nach Bingen und
liess am Fuss des Buppertsberges einen Thurm in den Khein bauen
und rettete sich auf einem Nachen in den Thurm. Doch die Mäuse
verfolgten ihn auch hierher; sie schwammen über das Wasser, klet-
terten in den Thurm und brassen ihn selbst bei lebendigem Leibe auf.
Brüder Grimm.
26. Die Lorelei.
tf 1.
weiß nicht, was soll es be-
deuten,
ß ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl, und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.
2.
Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar;
ihr goldnes Geschmeide blitzet;
sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.
3.
Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh;
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn,
und das hat mit ihrem Singen
die Lorelei gethan. Heine.
27. Der Dom zu Köln.
Unter den vielen Kirchen der Stadt Köln und überhaupt unter allen
Kirchen Deutschlands ist eine der merkwürdigsten und vorzüglichsten der
herrliche Dom. Der Bau des Domes begann im Jahre 1248 durch den
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
Extrahierte Personennamen: Hatto Hatto Hatto Hatto Grimm Heine
34
Ii. Teil. Erdbeschreibung. D. Mittel-Europa.
vielen Jnselchen in den Lagunen erbaut; statt der Straßen hat die Stadt Kanäle; der
Markusplatz ist berühmt. Pàdua. Verona. Mantua. Cremona (Geigen), d) Emilia:
Bologna (bolonja), Univ.; Parma; Piacenza (piatschcnza); Modena; Ravenna;
Carrara, am Meere, hat große Marmorbrüche. — 2) Mittelitalien: a) Die Marken, mit
der Hauptstadt Ancona, b) Umbrien: Hauptstadt Perugia (perudscha). c) Toskana: Haupt-
stadt Florenz am Arno; Livorno; Pisa. Zu Toskana gehört auch die Insel Elba, wo
Napoleon I. eine Zeitlang lebte, ä) Der ehemalige Kirchenstaat: Nom an der Tiber ist
die Hauptstadt des Königreichs, hat 280 000 Einwohner und heißt auch die „ewige Stadt."
Hier ist der Sitz des Papstes (Residenz der Vatikan). Die in Kreuzform gebaute Peterskirche
ist die berühmteste Kirche der Welt. Die Katakomben unter der Stadt sind unterirdische Gänge
und Gewölbe, welche von den ersten Christen als Zufluchts- und Begräbnisstätten angelegt
wurden. Der Vatikan und Qnirinal sind Paläste; die Engelsbnrg ist eine Citadelle. Alter-
tümer sind: das Kolosseum, das Pantheon, das Kapitolium, die Trajaussänle. Die Stadt
besitzt viele Kunstschätze und ist die wichtigste Bildungsstätte der Maler und Bildhauer. Zu
Mittelitalien gehörtauch die kleine Republik San Marino (62 qkm). — 3) Unteritalien:
a) Neapel oder das vormalige Königreich beider Sicilien ist reich an Südfrüchten, feinen
Weinen (Lacrimar Christi) rc. Zu den Plagen gehören: Die Ausbrüche des Vesuv und Ätna,
der Sirokko, die Erdbeben und Skorpione. Städte: Neapel am Vesuv, hat eine reizende
Lage; die Lazzaroni bilden den ärmsten Teil der Bevölkerung. Die Städte Pompeji und
H er cnlanum, welche einst durch den Vesuv verschüttet wurden, werden wieder auögcgraben.
Gaöta, Salerno, Tarent, d) Die Insel Sicilien mit Palermo. Städte: Catania
am Ätna; Messina, o) Die Insel Sardinien, mit der Stadt Caliari (kaljari).
Nördliche Staaten der Balkanhalbinsel. 1) Das Fürstentum Rumänien, hat
über 121 000 qkm, etwa 6 Mill. Einw., liegt auf dem linken Donauufer und besteht aus
der Moldau mit der Hauptstadt Jassy und der Walachei mit der Hauptstadt Bukarest
(bukarescht). — 2) Das Fürstentum Bulgarien (fast 98 Ooo qkm — 4 Mill. Einw.) mit
der Hauptstadt Sofia. 8) Das Fürstentum Serbien (fast 44 000 qkm — l1/« Mill. E.)
mit der Festung Belgrad an der Donau. 4) Bosnien und die Herzegowina (fast
72000 qkm — 1% Mill. Einw.) mit der Hauptstadt Serajewo. 5) Das Fürstentum
Montenegro (fast 5000 qkm —190 Ooo Einw.) mit der Hauptstadt Cettigne ( tschettinje).
Die europäische Türkei ist ein Kaisertum, hat 192 Ooo qkm und 6 Mill. Einw.
Sie ist von Asien nur durch die Straße der Dardanellen und den Bosporus (2 km breit)
getrennt. Das Klima ist mild und weniger heiß als in Italien. Der Boden ist außer-
ordentlich fruchtbar, aber nicht fleißig angebaut. Die merkwürdigsten Produkte sind: Pferde,
Kamele, Wölfe und Bären, Seidenraupen — Baumwolle, Mais, Reis, Südfrüchte, Tabak
— Meerschaum. Die Türken bekennen sich zur muhamedanischen Religion und sind leiden-
schaftliche Tabak- und Opiumraucher. Der Landesherr heißt Sultan, der erste Minister
Großvezier, der Ministerrat Divan, die Kirche Moschee, die heilige Schrift Koran, der
oberste Geistliche Mufti, die Geistlichen überhaupt nennt man Ulema. Provinzen: Rum-,
Ili oder Romanie», Macedonie», Thessalien, Albanien, Ost-Rumelien. Städte: Kon-
stantinopel (Stambul), in den ältesten Zeiten Byzanz genannt, hat über 600 000 E., liegt
am Bosporus in herrlicher Lage; Pera,ugalatà und Skutari sind Vorstädte; das Serail (seraj)
ist die frühere Residenz des Sultans nd bildet einen Stadtteil für sich. Adriano pel,
an der Maritza. Philipoppel. Gallipoli. Salonichi (das alte Thessalonich). Zur
Türkei gehört auch die große Insel Kreta.
Das Königreich Griechenland enthält über 50 000 qkm und 1^ Mill. Einw. Es ist
der südlichste Teil der Balkanhalbinsel. Das Land ist äußerst uneben, aber sehr fruchtbar und
hat ein mildes Klima; in den südlichen Gegenden herrscht fast ewiger Frühling. Produkte
wie in der Türkei. Die Bewohner sind griechisch- und römisch-katholisch. Während Griechen-
land im Altertum der Sitz der höchsten Geistesbildung war, ist gegenwärtig die Schul-
bildung nur dürftig. — Städte: Athen, hat 50 000 Einw., ist die berühmteste Stadt des
Altertums, besitzt eine Universität, prächtige Altertümer, z. B. Tempel, Statuen rc.
Korinth und Patras, am Golf von Korinth, Handel mit kleinen Rosinen (Korinthen).
Nauplia, Festung. Die 3 letztenstädte liegen auf derhablinsel Morea oder dcmpeloponncs.
Unter den Inseln merken wir außer den 7 jonischen: Euböa oder Negroponte, Tinos,
Naxia, Paros. Die Städte Corfà und Zante auf den gleichnamigen Inseln.
v. Mittel-Europa.
Die Republik Frankreich, über 500 000 qkm, 40 Mill. Einw. Das Klima im
Norden ist wie in Norddeutschland, im Süden sehr mild, so daß Südfriichte gedeihen. Die
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
60
und seine Lehre unser Erstes und Höchstes sein sollen. Der Hahü
auf dem Kreuze,, das Bild der Wachsamkeit, erinnert an die Worte
Jesu auf dem Ölberge: „Wachet und betet!" — In dem Kirche
t hur me ist gewöhnlich eine Uhr angebracht, deren Schlag man weithin
hören kann. Das Zifferblatt der Uhr befindet sich auf der Wand
des Kirchthurmes. Auf dem Zifferblatt können wir sehen, wie viel
Uhr oder wie spät es ist. Die Uhr ruft mit ihrem Schlage die
Leute an ihre Arbeit und die Kinder in die Schule; aber sie ruft
auch allen Menschen zu: „Benutze deine Zeit weise; denn wie die
Stunden, so fließen auch die flüchtigen Jahre dahin, und du wandelst
einen Weg, den du nie zurückkehren wirst."
Das Innere der Kirche ist nicht, wie das Haus, in viele kleine
Raume eingetheilt, sondern besteht gewöhnlich nur aus einem oder
drei Schiffen und dem Chore. Hat eine Kirche drei Schiffe,
so ist das mittlere gewöhnlich höher gebaut, als die beiden andern.
Jenes heißt alsdann das Haupt- oder Mittelschiff, diese die
Seitenschiffe. Die Decke der Kirche bildet gewöhnlich ein Gewölbe.
Das Gewölbe ruht auf den Seitenmauern, oder auf den Seitenmauern
und den Pfeilern, welche in Reihen zwischen dem Hauptschiffe und
Nebenschiffen stehen. Der Fußboden der Kirche ist gewöhnlich mit
Steinplatten belegt.
Aus dem Hauptschiffe gelangt man über einige Stufen auf einen
erhöhten Raum, welcher das Chor heißt. Neben dem Chore befindet
sich .die Sakristei oder Chorkammer, in welcher der Priester
die kirchliche Kleidung an- und ablegt. Auf dem Chore steht
der Hauptaltar. .In den meisten Kirchen befinden sich auch noch
zwei oder mehrere Neben- oder Seitenaltäre. Auf den Altären
wird von dem Priester das heilige Meßopfer dargebracht. In
der Mitte der Altäre, besonders aber des Hauptaltars, erhebt sich der
Tabernakel, der Thron des im allerheiligsten Sakramente
des Altars gegenwärtigen Heilandes. Hier wohnt er wahrhaft
als Gottes- und Menschen söhn unter uns; hier nimmt er unsere
Gebete auf und erfüllet fort und fort, was er vor seiner Himmelfahrt
verheißen hat: „Sehet, ich bin bei euch alle Tage bis an's
Ende der Welt." — •
Außer den Altären befinden sich in der Kirche noch: ein Taufstein,
eine Kanzel, Beichtstühle, eine Kommunionbank, eine Orgel,
Bänke, Crucifixe, Heiligenbild er, Leuchter, Kerzen, Fahnen,
Weihwassergefäße, Klingelbeutel und Opferstöcke.
Beim Anblicke des Taufsteins magst du des Gelübdes gedenken,
welches deine Pathen bei der heiligen Taufe für dich gethan: an
Gott zu glauben, seinen heiligen Willen zu thun und die
Sünde zu meiden. Die Kanzel ist die Stätte, wo von dem
Priester Gottes Wort gepredigt wird, wo wir zum Guten
ermahnt und vor dem Bösen, der Sünde, gewarnt werden. Der
Beichtstuhl aber mahnt den Sünder, sich durch das Sakrament
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
293
Bau, woran noch 1599 gearbeitet wurde, dann eingestellt werden mußte, ehe
noch die Hälfte fertig war. Der Dom ist in der Form eines Kreuzes gebaut;
seine Länge beträgt 400 Fuß und seine Breite 231 Fuß. Das Gewölbe wird
von 100 Säulen getragen, die in 4 Reihen neben einander stehen, und von
denen die der mittleren 30 Fuß im Umfang haben. Gleich den Bäumen eines
uralten Waldes stehen diese schlanken Säulen da; nur am höchsten Gipfel sind
sie in Neste gespalten, die mit ihren Nachbarn sich zu spitzen Bogen verbinden
und dem Auge, das ihnen folgen will, fast unerreichbar erscheinen. Die innere
Höhe des Chores beträgt 161 Fuß. Die beiden Hauptthürme, deren jeder eine
Höhe von 500 Fuß erreichen sollte, sind noch unvollendet; jedoch wird sehr
fleißig daran gearbeitet, und das Werk schreitet rüstig vorwärts. In dem süd-
lichen Thurme hängt die große Domglocke, welche 225 Centner wiegt und von
12 Mann gezogen werden muß. Was aber ist sie gegen die riesige Kaiserglocke
von 500 Ctr. Gewicht, welche aus dem Metall eroberter französischer Kanonen
gegossen und ein Geschenk des Kaisers ist!
In den neuesten Zeiten ist ein Verein unter dem Namen „Dombau-Verein"
zusammengetreten, um den Ausbau dieses herrlichen Denkmals alter Baukunst
zu bewirken. Zu den Beiträgen der Mitglieder dieses Vereins zahlt der König
von Preußen jährlich auch eine bedeutende Summe, und es steht zu hoffen,
wir werden diesen Wunderbau bald in seiner Vollendung schauen.
Zu den vornehmsten Merkwürdigkeiten des Domes ist außer vielen Grab-
mälern zu rechnen: Die große Sakristei mit der goldenen Kammer, welche
mehrere Kostbarkeiten, unter andern den silbernen Sarg des Erzbischofs Engel-
bert, ein schönes Kunstwerk, enthält; ferner die Kapelle der heil, drei Könige,
aus verschiedenen Marmorarten erbaut, worin angeblich die Reliquien der heil,
drei Könige in einem kostbaren, aus Goldblech gearbeiteten und mit einer
Menge von Perlen und Edelsteinen geschmückten Sarge aufbewahrt werden.
Auch an trefflichen Gemälden ist der Dom reich, und die herrlichen Glas-
gemälde, welche die ungeheuren Fenster bedecken, gehören zu den merkwürdigsten
Leistungen dieser Kunst. Man kann sagen, das Glas verschwindet ganz dem
Auge — alles ist Farbe und wie Sonneuglanz im Regenbogen — und schon
deshalb wird der Dom von Fremden aus weiter Ferne besucht. Aber nach
dem Namen des Mannes, welcher den Plan zu diesem Riesenbau entworfen,
nach dem ersten großen Baukünstler des Domes fragt jeder Besucher vergebens.
Man weiß ihn nicht. Man hat Jahrhunderte an dem Dome nach dem noch
vorhandenen Plane gebaut, aber es ist niemandem eingefallen, den Namen die-
ses großen Geistes zu nennen. „Die Meister, die am Dome gebaut haben,
werden nicht genannt; sie haben sich ein herrliches Denkmal gebaut, aber ohne
Inschrift." Haesterts Lesebuch.
146. Das Wupperthal.
Das ehemalige Herzogthum Berg, welches seit 1815 zu Preußen gehört,
wurde von dem Rheine, der Sieg, der Ruhr und der Grafschaft Mark begrenzt.
Die Hauptstadt war das schöne Düsseldorf. Dies Ländchen, auch das
bergische Land genannt, ist eine der berühmtesten Gegenden Deutschlands.
Weniger seine Naturschönheiten sind es, wodurch es sich einen so großen Ruf
erwirbt — obwohl es auch daran reich ist —, als vielmehr der Gewerbfleiß
seiner Bewohner, namentlich der Kreise Elberfeld, Solingen und Lennep.
Die Waaren, welche hier verfertigt werden, sind in aller Herren Ländern ein
gesuchter Artikel. Wahrhaft großartig ist die Industrie in diesen Gegenden.
Das Land ist aber auch fast wie kein anderes zu Fabrikanlagen geeignet. Die
Wupper und die ihr zufließenden Bäche haben ein sehr starkes Gefälle und
begünstigen dadurch die Anlegung von Spinnereien, Tuchfabriken, Eisenhäm-
mern, Schleifkotten u. dgl. Die Wupper allein treibt mehr als 400 Mühlen-,
Schleif- und Hammerwerke.
In einem lieblichen Thale liegen in einer Ausdehnung von fast zwei Stun-
den die Wupper entlang die beiden blühenden, fast gleich großen Städte Barmen
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1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
292
in seinem Schooße, und in der Nähe von Siegen befindet sich ein berühmtes
Stahlbergwerk. Den nordwestlichsten Theil dieses Gebirges bildet das Sieben-
gebirge oberhalb Bonn am Rhein. Sieben Berge sind dort auf einem kleinen
Raum zusammengedrängt: Der Drachenfels, die Wolkenburg, der Lohr-
berg, der Oelberg, die Löwenburg, der Nonnen st romberg und der
Petersberg, von welchen der Oelberg der höchste ist und die weiteste Fern-
sicht gewährt. Wundervoll ist die Gegend des Siebengebirges und lockt alljähr-
lich durch ihre Schönheit Tausende von Besuchern herbei. Man besteigt gewöhn-
lich von Königswinter aus den Drachenfels, — welcher mit dem schräg gegen-
überliegenden Rolandseck gleichsam das Thor zu den schönen Rheingegenden
bildet, — um von der Ruine auf dessen Spitze die herrliche Aussicht in das
Rheinthal zu genießen. Die unten in der Tiefe rheinauf- und abwärts fahren-
den Segel- und Dampfschiffe sehen winzig klein aus, ja die Kähne erscheinen
fast wie Nußschalen. Die Ruine ist ein Ueberrest der alten Burg Drachenfels,
welche im Jahre 1520 von Franz von Sickingen zerstört wurde. Etwas unter-
halb dieser Ruine steht auf einer hervorspringenden Platte ein weit in das Land
hineinschauendes Denkmal zur Erinnerung an die Befreiungskriege. In den
zackigen Felsenmasien an der Südseite des Berges befindet sich ein Steinbruch,
die Domkaul genannt, weil er in früheren Zeiten — und auch jetzt wieder —
die Steine zu dem Kölner Dombau lieferte. Oberhalb der Domkaul befindet
sich eine Höhle, das Drachenloch, wo der Sage nach in alter Zeit ein Drache
hauste.
2. Das Bergische. Zwischen Sieg und Ruhr befindet sich das Bergisch e,
welches mit dem Sauerländischen Gebirge in Westfalen zusammenhängt.
Die Hügel des Bergischen treten nicht so nahe an den Rhein, wie die der übrigen
rheinischen Gebirge. Das Rheinthal erweitert sich mehr und mehr zur Nieder-
rheinischen Tiefebene. Auf der rechten Ruhrseite treten noch die Aus-
läufer des zwischen Ruhr und Lippe liegenden Haarstrangs aus Westfalen
in Rheinland hinein.
144. Die Loreley.
1. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Mährchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
2. Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
3. Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar;
Ihr gold'nes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
4. Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame
Gewaltige Melodei.
5. Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh'.
6. Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende gar Schiffer und Kahn;
Das hat mit ihrem Singen
Die Loreley gethan. H. Heine.
145. Der Dom zu Köln.
Unter den vielen Kirchen der Stadt Köln und überhaupt unter allen
Kirchen Deutschlands ist eine der merkwürdigsten und vorzüglichsten der herr-
liche Dom. Der Bau des Domes begann im Jahre 1248 durch den Erzbischof
Conrad von Hochsteden. Das große Privatvermögen dieses Erzbischofs, so-
wie der damalige Reichthum der Bewohner Kölns machten den Beginn eines
so großartigen Baues möglich. Auch brachten die unzähligen Pilger, die aus
entfernten Gegenden zur Verehrung der Reliquien der heil, drei Könige oder
Weisen aus dem Morgenlande dahin wallfahrteten, zum Vau des Domes große
Schätze zusammen. Aber die Kosten wurden doch endlich zu groß, so daß der
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Extrahierte Personennamen: Franz_von_Sickingen Franz H._Heine Conrad_von_Hochsteden
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Der Bergmann hat einen dunkeln Kittel an und trägt auf dem Rücken eine
kurze lederne Schürze. Mit einem fröhlichen „Glückauf" steigt er auf Leitern
300—400 m tief in den Schacht hinab. Dort unten sind wagerechte Gänge,
Stollen, angelegt. Am Ende dieser Stollen klopft der Bergmann mit dem „Bickel"
das glänzende Erz los. Das gewonnene Erz wird sodann in einen großen Eimer
gethan. Dieser hängt an einem langen Drahtseile und wird durch eine Maschine
nach oben gezogen. Später wird das Erz im Pochwerke zerstampft; von hier
kommt es in die „Hütte", wo es geschmolzen wird.
285. Die Provinz Hessen-Nassau.
1. Das Hauptgebirge der Provinz ist der Taunus. Derselbe ist sehr reich
an warmen Quellen. Berühmte Badeörter sind hier Wiesbaden, Selters und
Ems. Den westlichen Abhang des Taunus
bildet das Rheingauer Bergland, an das sich
im Norden der Rh ein g au anschließt. Die
Südwestecke des Taunus führt den Namen
„Niederwald". Auf demselben ist zur Er-
innerung an die großen Siege von 1870 bis
1871 ein Riesendenkmal errichtet worden.
Die Riesenfigur, eine Germania, steht ans
einem 25 m hohen Unterbau. Sie ist so
groß, daß durch das Armgelenk derselben ein
Mann hindurchschlüpfen kann, und im Innern
des Unterkörpers haben mehr als zwanzig
Personen Raum.
2. Die Hauptflüsse der Provinz sind
Werra, Fulda, Main und Lahn. An
der Fulda liegt Kassel, die Hauptstadt der
Provinz, zwei Stunden von Kassel das Lust-
schloß Wilhelmshöhe mit seinen berühmten Niederwald-Denkmal.
Wasserfällen. Daselbst residierte von 1807
bis 1813 Jörome, der König Westfalens, von 1870 — 1871 aber diente cs Na-
poleon Iii. während seiner Gefangenschaft zum Aufenthalt. — An der Fulda liegt
auch die Stadt Fulda. Hier gründete Bonifatius ein Kloster, das später sehr-
berühmt wurde. In dem Dome daselbst ruhen seine Gebeine, vor demselben hat
man ihm ein Denkmal errichtet.
3. In einer fruchtbaren Ebene am Main liegt Frankfurt (mit den Vorstädten
200 T.). Schon Karl der Große soll hier eine Burg gegründet haben, welche
er Frankenfurt nannte. In dem Dome wurden ehemals die deutschen Kaiser ge-
krönt und dann nach dem Rathanse, dem Römer, geleitet. In dem ersten Stocke
desselben befindet sich der Kaisersaal; hier speiste der neugewählte Kaiser mit den
Kurfürsten und zeigte sich nachher vom Balkon ans dem Volke. An den Wänden
hängen die überlebensgroßen Bildnisse aller (neunnndvierzig) Kaiser des ehemaligen
deutschen Reichs, bis auf Franz Ii., der 1806 die deutsche Kaiserkrone niederlegte.
„Bedeckt sind alle Wände bis an den letzten Saum; kein neuer Herrscher fünde zu
seinem Bildnis Raum." Auf dem Roßmarkte erhebt sich das Denkmal Gntenbergs
und ans dem Goetheplatze das Standbild Goethes. Im Hirschgraben steht Goethes
Geburtshaus mit einer Marmortafel, auf welcher die Worte stehen: „In diesem
16*
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Extrahierte Personennamen: Bergmann Bergmann Karl_der_Große Karl Franz_Ii Franz Goethes Goethes
Extrahierte Ortsnamen: Taunus Wiesbaden Selters Taunus Taunus Fulda Main Fulda Kassel Kassel Westfalens Fulda Fulda Main Frankfurt